WR, 19.7.04: Kritik des Sommerkonzertes 2004 Uni-Musiker reisen von Schottland nach Bayern
Vom Schottenrock in die
Lederhose - so könnte man, etwas zugespitzt, das Programm des großen Sommerkonzertes an der Universität Witten umschreiben. Aber keine Angst: Beim Konzert des Uni-Orchesters und -Chores ging es nicht derb
zu.
Universitätsmusikdirektor Ingo Ernst Reihl entführte die Zuhörer im Campusgebäude am Sonntagnachmittag zunächst nach Schottland. Felix Mendelssohn-Bartholdys 1829 nach einem Besuch auf Schloss
Edinburgh begonnene, aber erst zwölf Jahre später vollendete "Schottische" Sinfonie ist eine der inspiriertesten Werke des Komponisten.
Reihl verlieh dem ersten, düster-bewegten Satz Zug,
dirigerte stringent und spannungsvoll. Im heiteren, volksmusikartigen Scherzo zeigte sich allerdings, dass das Uni-Orchester nicht so gut aufgelegt war wie gewohnt. Wenn hier auch der Satz etwas aus den
Fugen geriet, brachte das gut gelungene "Adagio cantabile" dafür wieder die nötige Entschädigung. Das Finale allerdings hätte dann mehr Schwung und größere Differenzierungen in Tempo und Ausdruck
vertragen können.
Im zweiten, insgesamt überzeugenderen Konzertteil machte man zunächst einen kleinen Abstecher in die Stadt, zu Aaron Coplands "Quiet City" (1939). Der Komponist formte hier
eine Musik zu dem gleichnamigen Stück von Irwin Shaw über einen kleinen Jungen, der seine Isolation mithilfe einer Trompete zum Ausdruck bringt, in ein Konzertstück um. Für ihre Interpretation
erhielten Michael Schlabes (Trompete) und Friederike Lütjens (Englischhorn) hier viele und verdiente Bravos.
Aus der Feder des Briten Edward Elgar (1857-1934), von dem man hier zu Lande leider immer
nur die abgedroschenen Werke zu hören bekommt, ist so manche schöne Kuriosität geflossen. Dazu gehören zweifellos auch die "Scenes from the Bavarian Highlands" (1895). Die sechs Chorstücke sind das
Ergebnis einer Reise der Elgars nach Garmisch. Gattin Alice konnte hier ihrem verborgenen poetischen Talent einmal freien Lauf lassen. Die Szenen, inspiriert von der Landschaft Bayerns, kommen mal derb
daher, mal verhalten, sind effektvoll instrumentiert und legen Zeugnis ab von Elgars Händchen für "leichtere" Musik. Chor und Orchester machte das Werk sichtlich Spaß - und auch dem Publikum, dem
eine Zugabe gewährt wurde.
19.07.2004 Von Markus Bruderreck
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